Abtreiben ist okay!
Die folgenden, leicht angepassten, Texte wurden von Dr. Kristina Hänel auf ihrer Website veröffentlicht, die wie viele andere Ärzt*innen aufgrund von §219a StGB nicht über Schwangerschaftsabbrüche informieren darf.
Gesetzliche Voraussetzungen
Für einen legalen Schwangerschaftsabbruch in Deutschland benötigen Sie entweder
- eine schriftliche Bescheinigung über eine Beratung bei einer nach §219a StGB bzw. §7 SchKG anerkannten Beratungsstelle oder
- eine schriftliche ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer medizinischen oder kriminologischen Indikation nach § 218a StGB.
Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs
Vor dem Schwangerschaftsabbruch führt die Ärztin oder der Arzt eine Tastuntersuchung zur Bestimmung der Lage und Größe der Gebärmutter durch. Ebenso wird eine Ultraschalluntersuchung gemacht, um das Schwangerschaftsalter zu bestimmen. Der weitere Verlauf unterscheidet sich beim medikamentösen und chirurgischen Abbruch.
Medikamentöser Abbruch
Ein medikamentöser Abbruch ist in Deutschland nur bis zum 63. Tag nach der letzten Regel möglich (entspricht dem 49. Tag nach der Empfängnis). Das benutzte Medikament ist ein künstliches Hormon (Mifepriston), das die Wirkung des Hormons Progesteron blockiert. Progesteron ist entscheidend an der Entwicklung und Erhaltung der Schwangerschaft beteiligt. Für die medikamentöse Methode sind zwei Termine in einer qualifizierten fachärztlichen Praxis erforderlich.
Beim ersten Besuch erfolgt die Untersuchung incl. Ultraschall. Sollte die Fruchtblase noch nicht im Ultraschall zu sehen sein, ist eine Bestimmung des Schwangerschaftshormons ß-HCG im Blut erforderlich. Anschließend werden drei Tabletten des Medikamentes unter ärztlicher Aufsicht eingenommen. Oft kommt es bereits am folgenden Tag zur Blutung. In drei Prozent der Fälle wird das Schwangerschaftsgewebe ohne weitere Behandlung in den nächsten beiden Tagen ausgestoßen. Auch in diesem Fall ist ein zweiter Besuch zur Kontrolle erforderlich. Viele Frauen spüren jedoch keine körperliche Veränderung.
Beim zweiten Besuch in der Praxis müssen Sie mit drei bis vier Stunden Aufenthalt rechnen. Sie bekommen mehrere Tabletten eines Medikamentes (Prostaglandin), das die Ausstoßung des Schwangerschaftsgewebes fördert. Bei vielen Frauen kommt es zu Kontraktionen der Gebärmutter und Blutungen setzen ein. Sollte es nach zwei bis drei Stunden nicht zu einer Blutung gekommen sein, wird die Gabe Prostaglandin wiederholt und eine Stunde später können Sie die Praxis in aller Regel verlassen.
Bei vielen Frauen kommt es während des Aufenthaltes in der Praxis zum Ausstoßen der Fruchtblase, aber bei jeder vierten Frau setzen die Blutungen sogar erst nach 24 Stunden ein. Sollten Sie also nicht innerhalb der drei bis vier Stunden die Fruchtblase ausgestoßen haben, so ist das kein Grund zur Beunruhigung.
Mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen:
Mögliche Nebenwirkungen sind Unterleibsschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Blutungen können stärker sein als beim chirurgischen Abbruch oder bei Ihrer Periode und länger anhalten. In ca. 1-4% versagt die Methode. Bei einer weiter bestehenden Schwangerschaft ist eine chirurgische Beendigung des Abbruchs notwendig.
Gründe gegen die medikamentöse Methode :
- Konkreter Verdacht auf eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (z.B. im Eileiter)
- Unverträglichkeit von Prostaglandinen
- Allergie gegenüber Mifepriston
- Chronische Nebenniereninsuffizienz
- Schweres Asthma (Einnahme von Cortisontabletten.)
- Leber- und Nierenversagen
- Eine evtl. liegende Spirale muss entfernt werden
Chirurgischer Abbruch
In der Regel werden Ihnen ca. eine Stunde vor Beginn des Eingriffs Medikamente gegeben, die die Gebärmutter vorbereiten (Priming). Dadurch wird das Risiko, die Gebärmutter beim Eingriff zu verletzen, verringert. Der chirurgische Schwangerschaftsabbruch kann entweder unter lokaler Betäubung oder mit Vollnarkose durchgeführt werden.
Bei einer örtlichen Betäubung wird das Betäubungsmittel in den Muttermund gegeben. Dies wird von vielen Frauen gar nicht bemerkt, obwohl die Angst davor oft groß ist. Die Nerven am Muttermund reagieren zwar auf Druck sehr empfindlich, aber nicht auf Berührung.
Die Vollnarkose wird durch einen Narkosearzt durchgeführt. Die Narkosemittel werden über eine in die Armvene gelegte Nadel gegeben. Kurz darauf werden Sie müde und schlafen ein. Sie werden sich später nicht mehr an den Eingriff erinnern können. Oft erinnern die Frauen nicht einmal, dass Sie nach ca. 15 Minuten, wenn der Eingriff beendet ist, selbständig in den Ruheraum gelaufen sind.
Zur Vorbereitung des Absaugens wird der Muttermund mit Dehnungsstäben geöffnet. Mit einem Plastikröhrchen wird anschließend das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Dabei wird auch die obere Schleimhautschicht mit entfernt, die normalerweise bei der Periode abblutet. Das Absaugen dauert nur wenige Minuten. Am Ende zieht sich die Gebärmutter zusammen, um die Blutung zu stoppen, was in etwa dem Gefühl bei der Menstruation oder den Nachwehen nach einer Geburt entspricht. Es folgt eine Kontrolle, ob die Gebärmutter vollständig entleert ist. Auch das abgesaugte Gewebe wird kontrolliert. Nach einer abschließenden Ultraschalluntersuchung gehen Sie in den Ruheraum.
Mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen:
- Entzündungen der Unterleibsorgane
- Gewebereste, die zu verstärkten Blutungen oder auch zu Entzündungen führen können. In seltenen Fällen muss ein weiterer Eingriff erfolgen.
- Allergische Reaktionen auf Medikamente
- Verletzungen der Gebärmutter oder des Gebärmutterhalses sowie angrenzender Gewebe
Bei ernsten Komplikationen kann eine Verlegung ins Krankenhaus erforderlich sein.
Begleitpersonen
Oft ist es hilfreich, Partner oder andere Begleitperson wie Freunde und Freundinnen oder Verwandte zum Abbruch mitzubringen. Sollte ein Schwangerschaftsabbruch in örtlicher Betäubung gemacht werden, ist es auch möglich, sich beim Abbruch in den Behandlungsraum begleiten zu lassen. Ansonsten kann die Begleitperson in der Regel im Ruheraum bei Ihnen sein.
Nach dem Abbruch
Bevor Sie die Praxis verlassen, erhalten Sie Informationen, wie Sie sich in den nächsten Tagen verhalten sollen. Bis zu 24 Stunden nach dem Eingriff sollten Sie nicht selbst Auto fahren. Eine Nachuntersuchung bei Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ist ca. 14 Tage nach dem Abbruch erforderlich. (Beim Medikamentösen Abbruch zwischen dem 10. und 14. Tag nach Mifegyne-Einnahme). Nur dann kann gewährleistet werden, dass der Abbruch vollständig war und keine gesundheitlichen Nachteile für Sie entstehen.
Verhütung
Der erste Eisprung nach dem Abbruch findet nach ca. zwei bis vier Wochen statt. Dementsprechend setzt die nächste Regelblutung nach vier bis sechs Wochen ein. Da Sie direkt nach dem Abbruch wieder empfängnisbereit sind, sollte die Frage der anschließenden Verhütung geklärt sein. Bitte besprechen Sie dieses Thema mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Zur Unterstützung der Gebärmutterrückbildung ist es möglich, direkt mit der Pille zu beginnen. Dies wird aus medizinischen Gründen für den medikamentösen Abbruch empfohlen.
Essen und Trinken, Medikamente
Zwei Tage vor dem Eingriff dürfen kein Aspirin oder sonstige Mittel mit Acetylsalicylsäure eingenommen werden. Sollten Sie andere Blutverdünnende Medikamente nehmen oder eine Blutgerinnungsstörung haben, besprechen Sie bitte mit mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt das weitere Vorgehen.
Was müssen Sie zu Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt mitbringen?
- Beratungsbescheinigung über die nach §219a StGB durchgeführte Beratung oder Indikation nach § 218 StGB
- Blutgruppennachweis
- Versichertenkarte
- Kostenübernahmebescheinigung oder Bargeld ( Für einen ambulanten Schwangerschaftsabbruch sind je nach gewählter Methode mit Kosten zwischen 350 und 600 Euro zu rechnen. Bei geringem oder keinem Einkommen kann ein Anspruch auf Übernahme der Kosten bestehen. Liegt eine medizinische oder kriminologische Indikation vor, werden die Kosten im Regelfall von den Krankenkassen übernommen.)
- Überweisungsschein der Frauenärztin/des Frauenarztes
Sie sollten bequeme Kleidung tragen sowie Damenbinden, Socken und ein Badehandtuch für Ihren Aufenthalt im Ruheraum mitbringen.