Stellungnahme zum Beschluss des Studierendenparlaments bezüglich des Semestertickets
In der Sitzung des Studierendenparlaments am 31.07.2023 wurde nach einer offenen Diskussion mehrheitlich beschlossen, dass der Vertrag mit dem RMV gekündigt werden soll, sollte uns die Verkehrsgesellschaft keine Vergünstigung des Tickets anbieten. Der Antrag wurde eingebracht, da die Strategie der Studierendenschaft bezüglich des RMV-Tickets eben keine alleinige Entscheidung des Verkehrsreferats sein sollte, sondern das Thema durch das höchste beschlussfähige Gremium der Studierendenschaft diskutiert werden soll.
Hintergrund des Sachantrags ist der Verlust der rechtlichen Grundlage des solidarischen Semestertickets, die mit der Einführung des Deutschlandtickets einhergegangen ist. Diese Rechtsgrundlage basierte darauf, dass das Semesterticket eine deutlich günstigere Alternative zu den alternativen Ticketmodellen bietet. Bis zur Einführung des 49€-Tickets war das Semesterticket nämlich fast 60€ günstiger als Tickets mit gleichem Gültigkeitsbereich. Mit dem Deutschlandticket verringert sich die Preisdifferenz auf 10,07€. Studierende könnten aufgrund des Verlusts dieser Rechtsgrundlage, die auch in Rechtsgutachten festgestellt wurde, den AStA verklagen. Leider sind einige Studierende bereit, eine Klage in Betracht zu ziehen; nach der Veröffentlichung der Rechtsgutachten erreichten uns diesbezüglich bereits Mails. Für die verfasste Studierendenschaft wäre eine Klage fatal, da hier Gelder und Kapazitäten, die eigentlich zur Finanzierung wichtiger studentischer politischer und kultureller Projekte genutzt werden sollten, verloren gehen würden. Viele Studierende haben schon mit einer Klage gedroht und wäre diese erfolgreich, würden uns nicht nur Schadensersatzzahlungen in Millionenhöhe bevorstehen. Eine erfolgreiche Klage würde das Solidarmodell zudem noch weiter ideell abwerten.
Überhaupt über die Abschaffung des Solidarmodells nachdenken zu müssen machen wir nur ungern: wir finden, dass das Solidarmodell eine wichtige politische Errungenschaft ist. Mobilität ist grundlegend, um Studierende die Beteiligung am sozialen Leben sowie ihre politische Teilhabe zu ermöglichen. Wie im Sachantrag beschlossen wird der AStA verpflichtet, weiterhin an einem Solidarmodell zu arbeiten. Dieses soll jedoch auf einer sicheren Rechtsgrundlage stehen und einen erheblichen Preisvorteil bieten. So begrüßen wir die Einigung der Länder im Koordinierungsrat und auch ihren Vorschlag für die Einführung eines solidarischen Semestertickets von 29,40€. Derzeit blockiert der Bund jedoch die Einführung dieses deutschlandweiten solidarischen Semesterticket zum Wintersemester 23/24. Für den Übergang bietet die Kündigung des Vertrags für einige Studierende auch ein Vorteil: besonders von Armut betroffene Studierende, die formal Wohngeld berechtigt sind, können nach der Kündigung vom Hessenpassmobil profitieren, womit sie ein Deutschlandticket zum Preis von 31€ erwerben. So müssen sie nicht den Weg über den Härtefondsantrag gehen, bei welchem der Ticketpreis zwar erstattet wird; Berechtigte müssen aber ihr RMV-Semesterticket zurückgeben und ein anderes Ticket kaufen, wenn sie die öffentlichen Verkehrsmittel weiter nutzen wollen. Viele weitere Studierende, die z.B. ein vergünstigtes D-Ticket als Jobticket bekommen, können bei einer Kündigung von diesen Angeboten profitieren.
Die Drohung der Kündigung soll auch eine Signalwirkung haben: wir akzeptieren nicht mehr ein simples Weiter-So und jährliche Preiserhöhungen! Wir fordern ernsthaft subventionierte Mobilität für Studierende und allen anderen Statusgruppen!
Wir kämpfen weiterhin für ein Solidarmodell und gehen mit dieser Verpflichtung in weitere Verhandlungen mit dem RMV. Wir rufen den Bund - hier insbesondere den Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP - auf, das von den Ländern vorgeschlagene Deutschlandticket für 29,40€ für Studierende zu akzeptieren und dessen Einführung zum Wintersemester 23/24 nicht weiter zu blockieren. Insbesondere Christian Lindner (Bundesfinanzminister) begründet diese Blockade mit einer unzureichenden Finanzierung und der Sorge, dass weitere Bundessubventionen nötig sind. Aus den bisherigen Solidarmodellen ist aber durchaus zu erwarten, dass sich eine Reduktion von 20€ leicht ohne weitere Subventionen durch ein Solidarmodell ausgleichen lässt.
Die FDP belastet damit massiv Studierende, während Arbeitgeber*innen schon lange mithilfe von Bundessubventionen vergünstigte Tickets anbieten können. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Studierenden, die bereits in der ersten Debatte um das Deutschlandticket systematisch vergessen wurden.
Auch fordern wir das Präsidium der Goethe Universität auf, sich dieser Thematik anzunehmen. Die Universität sollte uns in den Verhandlungen nicht mehr im Stich lassen. Wir fordern die Universität auf, sich öffentlich für ein deutschlandweites Solidarmodell zu positionieren und so Druck auf den Bund auszuüben.