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Transparent: Kritisches Denken braucht Zeit und Raum

Stellungnahme des Feminismus-Referat zur Rainbow-Day-Messe

13.07.2023

Die Universität veranstaltet dieses Jahr am 13.07 zum ersten Mal einen sogenannten Rainbow Day: „eine Karriere- und Kontaktmesse, für alle die Vielfalt leben und schätzen“.  Auf dieser Messe sollen queere Menschen die Möglichkeit haben, Kontakt zu Firmen wie IKEA, der Deutschen Bahn oder Baker McKenzie zu knüpfen.  Die Universität verspricht zudem ein Rahmenprogramm, in welchem „viele wichtige Themen rund um Diversity“ angesprochen werden sollen.

Wir als Feminismus-Referat des AStA der Goethe-Universität begrüßen, dass die Universität die Diskriminierung von queeren Personen thematisiert und Betroffenen damit einen Raum bieten möchte, sich austauschen zu können. Wir kritisieren jedoch, dass es sich bei der Mehrheit der Vorträge im Rahmenprogramm um ein Schaulaufen von Unternehmen handelt, die die vermeintliche Diversität ihres Unternehmens feiern und so ein Pinkwashing ihrer Strukturen betreiben können. Queere Repräsentation ist wichtig, doch lässt sich am Beispiel der Polizei nachweisen, dass diversifizierte Strukturen allein noch keinen Schritt Richtung Emanzipation darstellen. Denn trotz eines hohen Anteils und gezielten Werbens von und um Menschen mit ‚Migrationshintergrund‘ nimmt die Gewalt der Polizei gegenüber migrantisierten Menschen nicht ab.  Deshalb erwarten wir von der Universität mehr als ein paar Solidaritätsbekundungen während des Pride Months. Gerade jetzt, wo menschenverachtende Positionen auch in Ländern der EU wieder salonfähig werden und Hassverbrechen gegen queere Personen vermehrt auftreten, ist es wichtig, sich für (queere) Befreiung abseits der Integration in kapitalistische Verwertungslogiken einzusetzen. Denn auch queere Menschen sind mehr als ihre Arbeitskraft.

Wir fordern die Universität zur Selbstreflexion auf: die beschlossene Umsetzung von All-Gender-Toiletten wurde bis heute nicht vollendet und erschwert so vielen Menschen das universitäre Leben. Auch berichten betroffene Personen, dass trotz Namensänderungen die Teilnehmer*innen-Listen in Seminaren nicht aktualisiert werden. Dementsprechend werden transidente Studierende mit ihrem dead name angesprochen, was zu (Re-)Traumatisierungen führen kann. Hier trägt die Universität die Verantwortung, statt eine Messe zur Imagepflege großer Konzerne durchzuführen, zunächst einmal die eigenen Studierenden zu schützen. In dieser Hinsicht versagt das Präsidium nicht zu ersten Mal: wir erinnern hier an den verurteilten Naziterroristen Franco Albrecht, der unbehelligt an der Goethe Uni studieren konnte, Pick-Up Artists auf dem Campus, die Frauen belästigten und zuletzt die rassistischen und antisemitischen Aussagen von Boris Palmer im Rahmen einer Konferenz am IG Farben Campus. Solange die Goethe Universität kein sicherer Ort für Frauen, Queers, migrantisierte und jüdische Menschen ist, und Studierende, die daran Kritik äußern, von der Polizei vom Campus geprügelt werden, ist jede Solidaritätsbekundung des Präsidiums nichts als Heuchelei.

Wir möchten daran erinnern, dass die Stonewall Aufstände als Proteste gegen Polizeigewalt begannen. Dies sollte eine Universitätsleitung, die sich mit queeren Bewegungen solidarisieren möchte, bedenken, wenn sie das nächste Mal die Polizei auf ihre Studierende loslässt. Ein sicherer Campus für Queers ist nur einer ohne Polizei! Doch die Spielräume für emanzipatorische Politik werden auch in einem vermeintlich queeren Kontext immer enger. So haben auch die Veranstalter*innen des Frankfurter CSD darauf hingewiesen, dass sie "Plakate und Aktionen gegen die Arbeit der Polizei während des CSD" nicht tolerieren werden. Der politische Gedanke der Pride ist damit vollständig abgeschafft und der CSD verkommt in Frankfurt zu einem Schaulaufen rechter Parteien und Unternehmen, welches von der BILD-Zeitung gefeiert wird. Am Campus und darüber hinaus richten wir uns gegen die Tendenz Queerness als Marketingstrategie zu nutzen. Stattdessen setzen wir uns für eine Praxis ein, in der die Unterdrückten wieder aktiv für ihre eigenen Rechte kämpfen.

Fuck Rainbow Capitalism! Für eine politische Pride!