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Transparent: Kritisches Denken braucht Zeit und Raum

Was unterscheidet traditionelle von kritischer Theorie heute?

21.04.2023

Politik, Habitus, Emanzipation - ein Vortrag mit Michael Hirsch.

25.04.2023 im Festsaal Studierendenhaus, Campus Bockenheim

Ankündigungstext: Emphatisch kritische Theorie geht auf Distanz zum akademischen Wissenschaftsbetrieb der „verwalteten Welt“ (Theodor W. Adorno). Sie lebt im Widerspruch zu ihm, und gewinnt ihre Produktivität aus diesem Widerspruch. Man könnte sagen, sie ist von einem anti-professionellen Geist beseelt: Die kritische Theoretikerin der Zukunft ist ein professioneller Amateur.

Von daher ist klar, dass „kritische Theorie“ schwer zu institutionalisieren ist im Hochschul-, Wissenschafts- und Kulturbetrieb. Die jüngere Geschichte der kritischen Theorie der Frankfurter Schule und des Instituts für Sozialforschung, das in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, legt davon ein trauriges Zeugnis ab: es ist nicht nur gesellschaftspolitisch konservativer geworden, sondern hat auch die Kritik an den intellektuellen Produktionsverhältnissen aufgegeben, wie sie für die klassische kritische Theorie konstitutiv war.

Die spezifische Differenz der kritischen zu traditioneller oder bürgerlicher Theorie kann aber nicht nur in ihren Inhalten und Methoden liegen. Sie muss sich auch in ihrer Form niederschlagen, in Stil, Habitus und Berufsethos – in einer Praxis, die sichtbar und erlebbar ist.

 

In diesem Rahmen hat kritische Theorie zum einen ihr theoretisches Spektrum weit über den Rahmen ihrer bisherigen Inspirationsquellen hinaus auszudehnen, die bislang vor allem im Linkshegelianismus, Linkskantianismus und westlichen Marxismus lagen; haben zum anderen die Lehrenden, Forschenden und Studierenden erst wieder zu lernen, im eigenen Namen zu sprechen und Bedürfnisse nach einem guten Leben zu formulieren.

 

PD Dr. Michael Hirsch ist Philosoph und Politikwissenschaftler und wurde an der Goethe Universität in Frankfurt promoviert. Heute lehrt er politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Siegen und lebt als freier Autor und Dozent in München.

Jüngere Veröffentlichungen:  Kulturarbeit. Progressive Desillusionierung und professionelle Amateure (2022); Richtig falsch. Es gibt ein richtiges Leben im falschen (2019); Die Überwindung der Arbeitsgesellschaft. Eine politische Philosophie der Arbeit (2016)